Dieses Jahr hatten wir nun unser 10-jähriges Bestehen. Im Jahre 1994 gingen Oli und ich als völlig unerfahrene Trekker auf unsere erste Tour. Wie bereits nachzulesen war, ist von 1994 bis 2004 viel passiert.
Die diesjährige 10-Jahres-Tour hatten wir eigentlich in den Spessart geplant. Doch während der Vorbereitung entscheiden wir uns doch noch einmal für die gleiche Tour wie im Jahr zuvor.
Also hieß es dieses Jahr wieder:
Auf in die Sächsische- und Böhmische Schweiz.
Oli und ich entschieden, den anderen beiden Trekkern, Jörg und Schoko, diese wunderschöne Landschaft zu präsentieren.
Gut gelaunt führten wir sie vom 20.-22.05. auf unsere Spuren vom vergangen Jahr.
Beginn war 8.00 Uhr bei Oli. Erstaunlich pünktlich holte Jörg mich ab und wir fuhren gemeinsam nach Rudow. In Oli´s BMW flogen wir in Sachsen ein. Unsere Zwischenrast war wieder bei Meckes (Mc Donalds) und in den Mittagsstunden erreichten wir den altbewehrten Parkplatz oberhalb von Hinterhermsdorf.
Da es sich auch dieses Jahr um eine Himmelfahrtstour handelte, konnten alle Nichtfahrer bereits das ein oder andere Bier leeren. Oli holte die erste Büchse Bier, direkt nach der traditionellen Flasche Sekt von Jörg, nach. Da wir in diesem Jahr schon etwas ortskundig waren, fanden wir schnell den richtigen Weg hinunter zur Kirnitsch. Der Anblick der steilen Hänge hinab in den spiegelnden Bachlauf ist immer wieder sehr beeindruckend. Jörg und Schoko waren begeistert von dem am Hang verlaufenden schmalen Weg. Bei der ersten Rast, oberhalb der Kirnitsch, hatte Oli unseren Biervorsprung bereits wieder eingeholt, was sich auch schon bald bei ihm bemerkbar machen sollte.
Unterhalb unseres Rastplatzes stakten die Fährmänner die Boote, gefüllt mit bis zu 20 Personen, über das spiegelglatte Wasser.
Nach der Rast wollten wir es nicht versäumen, unseren Trekkerpartner den von uns im Jahr zuvor gewählten Weg durch den Höhlengang hinunter zum Grenzbach nach Tschechien zu zeigen. Oli´s „heiterer“ Zustand führte zu einigen Belustigungen. Die Durchquerung der flachen Höhle im Entengang wurde für ihn schon fast zu einer kleinen Herausforderung. Die Krönung seiner Ausgelassenheit durften wir schließlich am Grenzbach erleben. Ein über den Bach liegender Baumstamm sollte für ein Gruppenfoto herhalten. Oli setzte sich in den Kopf, als „Selfklick-Man“ in ca. 15 Meter Entfernung den Fotoapparat auf einem Baumstubben auszulösen, zum Baumstamm zu rennen, ca. 4-5 Meter auf diesem in die Mitte zu uns zu balancieren und sich hinzusetzten. Unsere Bemerkung „Das schaffst Du nicht in der kurzen Zeit“ beflügelte ihn noch mehr.
Also ließen wir es auf einen Versuch ankommen. Wir Drei nahmen unsere Plätze in der Mitte des Baumstammes ein und Oli drückte ab. Die Zeit bis zum Baumstamm war schon fast rekordverdächtig. Aber dann passierte es !!!
Er versuchte in fast der gleichen Geschwindigkeit den Baumstamm entlang zu rennen. Doch da machten ihm die 2 Liter Bier, 1 ½ Gläser Sekt und die unzähligen Schlücke aus dem Flachmann einen Strich durch die Rechnung.
Als er uns erreichte befand sich sein Körper schon ca. 40 cm neben dem Baumstamm und wenige Sekunden später stand Oli lachend bis zu den Knien im glasklaren eiskalten Wasser.
Doch dieser „Reinfall“ war völlig überflüssig. Kaum war Oli aus dem Wasser, kamen drei freundliche Wanderer vorbei, die bereitwillig ein Gruppenfoto von uns Vieren auf dem Baumstamm machten.
Der weitere schweißtreibende Verlauf unserer Tour über einige steilansteigende Anhöhen sorgte für einen schnellen Abbau des Alkoholpegels.
Unser Tagesziel war über den Dreiwinkelgrund hinauf zur Hickelhöhle mitten im Naturschutzgebiet. Dort sollte auch dieses Jahr wieder unser Nachtlager zu finden sein. Diese, uns bereits bekannte Höhle, ist ein idealer Platz, da dieser breite Überhang mit bis zu 20 cm trocknem Buchenlaub gefüllt war.
Nach ca. einer Stunde bekamen wir dann Besuch von einer achtköpfigen Gruppe, die die gleiche Idee für die Nacht hatte. Kurz nach ihrem Eintreffen fingen sie an Holz für ein Lagerfeuer zu sammeln. Wir wiesen sie darauf hin, dass wir uns nicht nur im Wald befinden, sondern zusätzlich auch im Naturschutzgebiet und das offenes Feuer verboten ist. Dies stieß auf wenig Gegenliebe und führte dazu, dass ein „Spähtrupp“ einen neuen Lagerplatz für die Gruppe aussuchte.
Die acht zogen querfeldein weiter in Richtung Gipfel. Später am Abend war ein deutlicher Rauchgeruch wahrzunehmen. Wir waren froh, dass die Gruppe nicht in der Höhle geblieben ist.
Noch glücklicher waren wir darüber, als am nächsten Morgen plötzlich zwei Naturschutzwächter (Ranger) aufkreuzten und uns auf das Nächtigungsverbot im Naturschutzgebiet hinwiesen. Nach unserer Zusage sofort (also auch ohne zu frühstücken) unser Lager aufzulösen und weiter zu laufen, beließen sie es bei einer mündlichen Verwarnung. Wir sind uns sicher, dass wir nicht so gut davon gekommen wären, hätten sie auch noch die letzten Reste eines Lagerfeuers in der Höhle gefunden. Die Ranger empfahlen uns noch eine Boofe (Höhle unter einem Felsüberhang) am Kannstein. Wir bedankten uns überaus freundlich für diesen Tipp und verrieten ihnen nicht, dass diese Boofe schon im Vorfeld für die nächste Nacht eingeplant war.
Bis zum nächsten Nachtlager hatten wir aber noch einen strammen Abstecher nach Tschechien über die „Grüne Grenze“ geplant. Die Ranger traten den Rückweg an und wir packten alles zusammen. Um 8.30 waren wir wieder auf Tour ohne Frühstück. Am Ende dieses bergab führenden Weges erreichten wir einen breiten befahrbaren Weg, an dessen Ende der Trampelpfad über die grüne Grenze begann. Doch unser geplanter Landeswechsel sollte uns noch erschwert werden. Denn genau in dem Zugang dieses Trampelpfades standen die beiden Herren mit ihrem Fahrzeug, die uns zuvor in der Höhle auf unser ordnungswidriges Verhalten hinwiesen. So war klar, das wir nun schnell und spontan umdisponieren mussten. Wir waren uns nicht sicher, ob wir diesen Pfad nach Tschechien benutzen durften. Uns war aber klar, das die Antwort auf solch eine Frage in dieser Situation verneint worden wäre. Wie heißt es doch so schön: „Wer dumm fragt bekommt ….“ Also schlugen wir den Weg in Richtung Zeughaus ein, den wir erst am Abend laufen wollten. Nach einigen hundert Metern knickte der Weg ab, so dass sie uns nicht mehr sehen konnten. An der nächsten Stelle verließen wir über einen kleinen Pfad den Weg und versteckten uns 30 Meter entfernt hinter einer kleinen Anhöhe und frühstückten dort.
Einer von uns beobachtete den Weg, denn die Ranger mussten diesen Weg befahren, um ihren Standort zu verlassen.
Nach 20 Minuten fuhren sie tatsächlich vorbei. Nun hieß es „schnelles Handeln“.
Alle Sachen zusammen packen, runter auf den Weg, die ganze Strecke zurück zur Grenze und dann schnell auf dem gerade verlaufenden Trampelpfad bis zur nächsten Biegung, um aus der Sichtweite zu kommen. Wir rechneten damit, dass die Ranger zurück kommen würden, wenn sie uns auf dem Weg zum Zeughaus mit ihrem Fahrzeug nicht noch einmal antrafen. Alles ging gut und wir erreichten nach ca. 45 Minuten den ausgeschilderten Wanderweg in Tschechien.
Dieser Höhenwanderweg, mit fantastischem Blick ins Tal, führte uns entlang des Sandsteinmassivs zum Prebischtor. Dieses Tor ist Europas größtes Felsentor und ein starker Touristenmagnet. Oli und ich kannten ja dieses von Wind und Regen geformte Tor und so blieben wir am Weg und passten auf die Rucksäcke auf. Jörg und Schoko konnten so schneller und unbeschwerter diesen Abstecher genießen. Eine Stunde später waren wir auf dem Weg nach Hrensko, immer den Touristenmassen entgegen.
In den Mittagsstunden erreichten wir Hrensko.
Auch dieses Jahr wollten wir wieder in unserem „Stammlokal“ eine warme Mahlzeit zu uns nehmen. Auf der Terrasse fanden wir einen freien Tisch und bestellten 4 Portionen Chegediehner Goulasch mit Klößen. Wir genossen das Essen, die Aussicht und jeder 1,5 Liter Budweiser-Bier. Als dann auch noch Regen einsetzte, fiel es uns noch schwerer wieder aufzubrechen. Diese Verzögerung sollte sich später noch schwer rächen. Am frühen Nachmittag machten wir uns auf den Weg neben der Kamnitz erst in die Edmunds- und später in die Wilde Klamm.
Da zwischen dem Wasser und den Felswänden nicht immer genug Platz war, führte der Weg mancherorts über teilweise verrostete Eisenstege und an zwei Stellen war der weitere Verlauf nur mit Booten zu bewältigen.
Diese Boote wurden durch Fährmänner über das Wasser gestakt. Auf der ersten Fährfahrt waren wir durch den Regen fast allein im Boot. Die Schlucht war menschenleer und als wir an der zweiten Fährstelle ankamen war uns auch bewusst wieso. Die Fähren hatten bereits Feierabend!!! Nun standen wir da und überlegten, wie wir unter dem kleinen Schutzdach irgendwie die Nacht verbringen konnten. Plötzlich sahen wir ein Boot um die Ecke staken und darauf der letzte Fährmann, der nun gerade in den Feierabend fahren wollte. Mit einem 10€-Schein konnten wir Ihn überzeugen, uns flussaufwärts zu bringen. Durch unsere lange Mittagspause wäre beinahe unser kompletter Zeitplan außer Kraft gesetzt worden.
Die restliche Tour durch die Klamm und hinauf zu unserem wilden Grenzübergang verlief ohne weitere Zwischenfälle und in den frühen Abendstunden erreichten wir wieder deutsches Hoheitsgebiet. Erneut gingen wir den Weg, den wir am Morgen bereits unfreiwillig ein Stück gehen mussten. Vorbei an unserem Nachtlager vom letzten Jahr erreichten wir die Häuseransammlung „Zeughaus“. Wir „alten“ Hasen wussten natürlich noch den Weg zu unserer nächsten Übernachtungsstelle. Uns stand noch ein steiler Aufstieg bevor, was bis dahin aber nur zwei von uns wussten. Entlang der kleinen Zufahrtstraße suchten wir den Telegraphenmast Nr. 37. Dieser war unsere Markierung für den Aufstieg zur Boofe. Oli und mir war bewusst, dass es ein steiler Aufstieg war, aber das er so steil und beschwerlich war, das hatten wir nicht mehr in Erinnerung.
Als wir ziemlich ausgepowert die Boofe erreichten, gab es noch eine Überraschung. Ich glaube, sämtliche Wanderer und Kletterer der Region hatten sich in dieser Boofe verabredet, um dort die Nacht zu verbringen. Inzwischen war es Abend und die besten Plätze waren belegt. Aber auch für uns gab es noch eine kleine Nische, in die wir uns „einschieben“ konnten.
Der Aufstieg hatte uns echt geschafft. Keiner von uns hatte richtig Hunger. Außerdem war uns Kalt und unsere Klamotten waren nass. Erst einmal in den Schlafsack und aufwärmen. Uns allen war an diesem Abend bewusst, wie schön doch ein warmes Nachtlager ist.
Wir wurden in unserem Vorsatz bestärkt, bei unseren nächsten Touren die Nächte in kleinen Herbergen zu verbringen.
Man wird eben nicht jünger.
Aus dem kurzen Aufwärmen im Schlafsack wurde dann doch ein Durchschlafen bis zum nächsten Morgen.
In den Morgenstunden holten wir dann erst einmal unser Abendbrot nach und beschlossen den weiteren Verlauf der Tour. Normalerweise wäre dieser Samstag erst der vorletzte Tag unserer Wanderung gewesen. Doch Oli hatte schon zu Beginn der Wanderung den Wunsch geäußert, am Samstag – also ein Tag früher – wieder zurück zu fahren. Er musste sich noch auf eine wichtige Prüfung vorbereiten und konnte den Sonntag zu Hause gut gebrauchen. Schoko war schon zu Beginn sehr schnell von einer Verkürzung überzeugt. Jörg und ich fanden diese Vorstellung ehr indiskutabel.
Doch wir fanden einen Kompromiss, der für beide Seiten annehmbar war. Wir einigten uns auf einen ausgedehnten Rückweg zum Auto. Schoko spekulierte darauf, mittags am Auto zu sein. Er wurde aber im Laufe des Tages eines besseren belehrt. Unserer Rückweg führte unter anderem über die Schweinefelsen, die auch Oli und ich noch nicht kannten. Hier konnten wir, zu unserer großen Freude, noch ein paar schöne Felsenfotos machen. Zugleich nutzten wir diesen schönen Ort für unsere Mittagspause.
Auch wenn es der letzte Tag dieser Tour sein sollte, genossen wir diese wundervolle Natur und erreichten – zur Zufriedenheit aller – erst gegen 17.30 Uhr das Auto. Traditionell kehrten wir auf der Rückfahrt nach Berlin erneut bei Meckes ein. Wir mussten ja schließlich unsere Gutscheine einlösen, die wir auf der Hinfahrt erhalten hatten. In der Nacht fand dann unsere Tour sein Ende in Berlin. Mit dem Resümee, dass es eine schöne Tour war, jedoch die Tour im Jahr zuvor war nicht vergleichbar mit dieser.
Und es war ohne Zweifel ein schönes Gefühl, wieder im Bett zu schlafen!